Private Überschuldung nimmt zu – der Staat ist kein gutes Vorbild
Dass der deutsche Staat hoffnungslos überschuldet ist, ist kein Geheimnis mehr. Weil anstehende Probleme nicht gelöst, sondern auf künftige Generationen verschoben werden, zeitgleich auf Pump gelebt und Geld für alle Welt aus dem Fenster geworfen wird, beläuft sich die offizielle Staatsverschuldung auf mehr als 2,7 Billionen Euro (Stand Ende 2024) [1]. Die Schuldenquote liegt damit deutlich über den eigentlich zulässigen 60 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt. Spötter könnten somit den Rauswurf Deutschlands aus der Euro-Zone fordern.
Doch auch die Kommunen sind vielerorts am Rande ihrer Leistungsfähigkeit. Sie werden mit Aufgaben überfordert, für deren Ursachen sie überhaupt nicht verantwortlich sind. Für freiwillige Aufgaben, die die Attraktivität der Städte und damit die Lebensqualität der Bürger erhöhen könnten, bleibt dann meist kein Geld mehr übrig.
Private Verschuldung explodiert
Dazu gesellt sich ein weiteres Problem. Die Verschuldung privater Haushalte steigt auf ein ungesundes Niveau. So hat der sogenannte Schuldneratlas 2025 der Wirtschaftsauskunftei Creditreform ergeben, dass 5,67 Millionen Bürger in Deutschland überschuldet sind, was einer Überschuldungsquote von 8,16 Prozent entspricht [2]. Im ersten Halbjahr 2025 stieg die Zahl der Verbraucherinsolvenzen zudem um 6,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Creditreform sammelt und analysiert für den jährlichen „Schuldneratlas Deutschland“ Bonitätsdaten von Privatpersonen und Unternehmen [3].
Von einer Überschuldung wird ausgegangen, wenn ein volljähriger Schuldner die Summe seiner fälligen Verbindlichkeiten in absehbarer Zeit nicht begleichen kann und ihm zur Deckung seiner Lebenshaltungskosten weder Rücklagen noch Kreditmöglichkeiten zur Verfügung stehen [4].
577.400 Personen mussten im vergangenen Jahr die Leistungen von Schuldnerberatungsstellen in Anspruch nehmen [5]. Die Beratungsstellen sind mit dem Andrang völlig überfordert, viele Betroffene müssen weggeschickt werden, die Wartezeiten belaufen sich teils auf über ein Jahr, sagt Ines Moers, Geschäftsführerin der Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung [6].
Die Überschuldung sei längst kein Randphänomen mehr, fast alle sozialen Gruppen seien betroffen [2]. Ein relativ neues Phänomen sind die sogenannten „Lifestyle-Überschuldeten“, die an sich kein geringes Einkommen haben, aber nach Jahren des Verzichts die Kosten ihres nachholenden Konsums überschätzt haben [7].
Überproportional häufig betroffen sind Menschen unter 30 Jahren und über 60 Jahren, wobei Experten bei den Jungen vor allem das außer Kontrolle geratene Konsumverhalten, bei den Älteren eine strukturelle Knappheit als Problem sehen [7]. Junge Menschen tappen häufiger durch Kredite in die Schuldenfalle [6].
Neben der sogenannten „weichen Überschuldung“, die primär im Geldbeutel oder auf dem Konto spürbar ist, wächst auch das, was Experten „harte Überschuldung“ nennen – diese ist mit juristischen Konsequenzen wie Vollstreckungen, Inkassoverfahren oder gar Haftbefehlen verbunden [2].
Was sind die Ursachen?
Eine Ursache scheint zu sein, dass viele – vor allem junge – Menschen bei Käufen im Internet den Überblick über ihre Verbindlichkeiten verlieren. Neben den Schulden bei Online-Händlern schlagen vor allem Schulden gegenüber den Sozialkassen und bei Telekommunikationsunternehmen zu Buche [5].
Der Anstieg der Überschuldung wird von Experten mit der Vielzahl an Krisen begründet. So stellte der Leiter der Wirtschaftsforschung bei Creditreform, Patrik-Ludwig Hantzsch, fest: „Nach Jahren des Angst-Sparens sind die finanziellen Puffer vieler Menschen schlicht aufgebraucht. Die Multikrise hat nicht nur Spuren hinterlassen, sie wirkt jetzt nach“ [2].
Creditreform geht von einer Fortsetzung dieses Trends im kommenden Jahr aus und begründet dies vor allem mit steigenden Zinsen, einem schwächeren Arbeitsmarkt und den hohen Lebenshaltungskosten [7]. Die finanzielle Resilienz vieler Haushalte schwinde, was auf eine anhaltend schwache Wirtschaft, steigende Inflation und zu niedrige Einkommen zurückgeführt wird [4]. Als weitere Ursachen werden die ökonomischen Folgen der Corona-Pandemie und gestiegene Energiepreise genannt [6].
Auch die Familiensituation kann erhebliche Auswirkungen auf die Gefahr der Überschuldung haben. So liegt die Überschuldungsquote zum Beispiel bei alleinerziehenden Frauen bei mehr als 25 Prozent [8].
Hinzu kommen individuelle Probleme, die sich häufen und damit ebenfalls zu einem strukturellen Phänomen werden können, wie z. B. Sucht und unwirtschaftliche Haushaltsführung [4].
Den Pleite-Staat nicht zum Vorbild nehmen
Wo strukturelle Ursachen die Überschuldung mit sich bringen, ist die Politik gefragt, handelt es sich doch um eindeutiges Staatsversagen, wenn das Geld für Millionen Menschen auf Dauer nicht zum Leben reicht.
Doch es sind auch Fehlanreize, die zu einem falschen und gefährlichen Konsum verleiten. So wird die Zahlungsfähigkeit bei Kleinstkrediten oft nicht geprüft, was vor allem für junge Menschen häufig der Einstieg in die Schuldenfalle ist. Viele Verbraucher machen sich nicht bewusst, dass auch sogenannte „Buy now, pay later“-Modelle letztlich Kredite sind. Wenn sich diese häufen, geht der Überblick nicht selten verloren. Hier sollten die Aufklärungspflichten von Händlern und an der Abwicklung beteiligten Banken erhöht werden.
Politik kann nicht jedes Problem lösen, in der heutigen Zeit sollte umfassende Finanzbildung aber zum Kernbestand einer zeitgemäßen Schulbildung gehören.
Vater Staat kann als abschreckendes Beispiel gelten, sollte aber nicht als Vorbild genommen werden.
Quellenverzeichnis
[1] „Deutsche Staatsschulden steigen 2024 um 57 Milliarden Euro auf 2,7 Billionen Euro“, www.bundesbank.de, 31. März 2025
[2] „SchuldnerAtlas Deutschland 2025 – Trendwende erreicht: Überschuldung steigt deutlich“, www.creditreform.de, 14. November 2025
[3] „Zahl überschuldeter Menschen nach Jahren wieder gestiegen“, www.zdfheute.de, 14. November 2025
[4] „Schuldneratlas: Saarland über dem Bundesdurchschnitt“, www.sueddeutsche.de, 14. November 2025
[5] „Online-Shopping treibt Überschuldung bei jungen Leuten an“, www.n-tv.de, 17. November 2025
[6] „Überschuldung nimmt wieder zu“, www.marktspiegel.de, 14. November 2025
[7] „Zahl überschuldeter Menschen 2025 erneut gestiegen – »kein Randphänomen mehr«“, www.spiegel.de, 14. November 2025
[8] „Die Überschuldung droht wieder ein gesellschaftliches Thema zu werden“, www.rp-online.de, 14. November 2025


