Wird Wadephul zur Baerbock 2.0?

Die frühere grüne Bundesaußenministerin Annalena Baerbock war eines der Haupt-Angriffsziele in den Bundestagsreden der Union, als die noch auf der Oppositionsbank saß. Auch im Wahlkampf sparten Merz und Co. nicht mit Kritik an Baerbock, ihrer feministischen Außenpolitik (was auch immer das konkret gewesen sein soll) und ihren unzähligen Fettnäpfchen.

Umso markiger waren dann kurz vor Amtsantritt der neuen Bundesregierung die Ankündigungen, dass man insbesondere in der Außenpolitik ganz neue Wege einschlagen wolle. Mit dem Merz-Getreuen Johann Wadephuhl sollte der richtige Mann ins Auswärtige Amt einziehen. Doch was ist seither passiert?

Erster Patzer – in China will niemand mit ihm reden

Trotz seiner noch sehr kurzen Amtszeit hat er schon die erste Peinlichkeit auf dem internationalen Parkett vorzuweisen. So sagte er eine lange geplante China-Reise ab, weil es kaum bestätigte Termine für ihn gab [1]. In China wertete man dieses Vorgehen als Zeichen von fehlendem Respekt. Man könnte den Mangel an Terminen aber auch als Fingerzeig verstehen, welche Rolle Deutschland auf der Weltbühne derzeit tatsächlich spielt.

Wo bleiben die versprochenen Abschiebungen nach Syrien?

Die Union hatte im Wahlkampf eine große Migrationswende versprochen. Es sollte Abschiebungen im großen Stil geben. Langjährige Beobachter wussten, dass dies nur Wahlkampfgetöse sein konnte. Während Bundeskanzler Merz und Innenminister Alexander Dobrindt sich noch immer als große Hardliner geben, legte Wadephul bereits vor einigen Wochen die Vollbremsung ein. So hält er Abschiebungen nach Syrien weiterhin für unmöglich [2].  

Merz scheint seinen Außenminister nicht im Griff zu haben. Sein Machtwort, dass es „keinerlei Gründe für Asyl“ für Syrer mehr gebe, da der dortige Bürgerkrieg vorbei ist, trägt offenbar keine Früchte [2]. Nicht nur Wadephul widerspricht seinem Kanzler, auch die Ende Oktober gegründete parteiinterne Plattform „Compass Mitte“ geht auch in dieser Frage auf Distanz zu Merz. So argumentiert deren Mitbegründer und frühere CDU-Generalsekretär Ruprecht Polenz ausgerechnet mit der hohen Arbeitslosigkeit in Syrien gegen die Rückkehr der Syrer in ihre Heimat [3].

Selbst die Gerichte widersprechen dieser Argumentation von Wadephul und seinen Unterstützern. So drohten Rückkehrern nach Syrien keine relevanten Gefahren mehr, die Sicherheitslage hätte sich im Jahr 2025 nicht verschlechtert und die Sicherstellung des Existenzminimums könne nicht der entscheidende Maßstab für die Frage sein, ob von Abschiebungen abgesehen werde [4].

Wadephuls Argumentation ähnelt sehr der von seiner Amtsvorgängerin. So stellt er nicht das große Ganze und übergeordnete nationale Interessen ins Zentrum seiner Überlegungen, wie es für einen Außenminister notwendig ist. Stattdessen drückt er mit Einzelfällen auf die Tränendrüse: „Mein Zahnarzt und auch mein Hausarzt kommen aus Syrien“, sie gehören laut Wadephul zu Deutschland [2]. Dass er wie eine männliche Version von Baerbock wirkt, könnte daran liegen, dass er die grünen Spitzenbeamten im Ministerium von seiner Vorgängerin übernahm [5]. Daran werden auch die großspurigen Verlautbarungen eines Radikalumbaus im Ministerium nichts ändern. 

Merz steht zwar weiterhin offiziell hinter seinem Minister, doch dieser musste sich nach interner Kritik bereits in der Unionsfraktion erklären. Auch dort zeigte er sich uneinsichtig und verstieg sich sogar zu dem deplatzierten Vergleich, die Zerstörung vor Ort in Syrien sei schlimmer als in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg 1945 [6].

Spätestens hier wäre eigentlich der Rücktritt Wadephuls fällig gewesen.

Weitere gefährliche Alleingänge von Wadephul

Seine Haltung zu Abschiebungen nach Syrien ist nicht der erste Sonderweg Wadephuls. So war es das erklärte Ziel der Bundesregierung, die Aufnahmeprogramme aus Afghanistan zu beenden. Doch nach der Ankündigung der pakistanischen Regierung, Hunderttausende Afghanen in ihr Heimatland abzuschieben, hatte der Außenminister umgehend Hilfe zugesichert [7]. Was das konkret heißen wird, ist bislang nicht klar. Offiziell leben laut der UNO-Flüchtlingshilfe derzeit 1,3 Millionen registrierte afghanische Flüchtlinge und 1,7 Millionen Afghanen mit anderem Status in Pakistan [8]. Will Wadephul allen helfen?

Auch preschte Wadephul willfährig nach vorne und kündigte an, mittelfristig fünf Prozent der Wirtschaftsleistung für Verteidigungsausgaben bereitzustellen [9]. Das kann man wollen, man muss dann nur erklären können, was das für notwendige Investitionen im Inland bedeutet. Zumal „Verteidigung“ in der Diktion der Bundesregierung zumeist nicht Landesverteidigung, sondern Waffenlieferungen ans Ausland und Beteiligung an Auslandseinsätzen bedeutet.

Keine Migrationswende

Wenn Wadephul mit der Zerstörung Syriens argumentiert, dass dorthin keine Rückführungen erfolgen können, fragt sich, wer denn das Land wieder aufbauen soll, wenn nicht die Syrer selbst. Derzeit leben etwa eine Million Syrer in Deutschland – sie werden in ihrer Heimat dringend gebraucht.  

Wadephul ist ein weiteres Beispiel dafür, dass Merz seine Truppen nicht unter Kontrolle hat und dieser Regierung auch in der Frage von Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan trotz vollmundiger Wahlversprechen ein klarer Kurs fehlt.

Die Migrationswende kann so nicht gelingen.

Quellenverzeichnis

[1] „China spricht nach Wadephul-Absage von Respekt“, www.n-tv.de, 27. Oktober 2025
[2] „Außenminister Wadephul stellt sich erneut gegen den Kanzler“, www.stern.de, 20. November 2025
[3] „Neue Syrien-Äußerung von Wadephul stößt auf Unverständnis – Unterstützung kommt aus „Compass Mitte““, www.deutschlandfunk.de, 8. November 2025
[4] „Klatsche für Wadephul: Gericht erlaubt Abschiebungen nach Syrien“, www.jungefreiheit.de, 5. November 2025
[5] „Was für einen Wadephul-Rücktritt spricht und was nicht“, www.jungefreiheit.de, 6. November 2025
[6] „Schlimmer als Deutschland 1945 – Wadephul empört Unionskollegen mit Syrien-Vergleich“, www.spiegel.de, 4. November 2025
[7] „Wadephul sichert von Pakistan abgeschobenen Afghanen Hilfe zu“, www.zeit.de, 15. August 2025
[8] „Ende der jahrzehntelangen Unterstützung für Flüchtlinge“, www.uno-fluechtlingshilfe.de, 4. August 2025
[9] „Außenminister Wadephul ist der Baerbock der CDU“, www.augsburger-allgemeine.de, 3. August 2025

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Eigener Kurs, nicht vergleichbar Gemischt – noch unklar Eindeutig Baerbock 2.0

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